History of Tuning and Temperament
Hörbeispiele für alte Musik mit
historischen Stimmungen
www.farago.info/hobby/stimmungen/StimmungenTonartencharakter.pptx
Es gibt verschiedene Stimmungen für Tasteninstrumente, wie pythagoreische, reine, mitteltönige, wohltemperierte, usw. Welche Stimmung passt zu einer Musikepoche am besten? Mit dieser Frage beschäftigt sich folgende Arbeit, die in der Forum Kirchenmusik erschienen ist.
Wertvolle zusätzliche Beschreibungen über Stimmungssysteme in der Musik findet man
u. A. unter
http://de.wikipedia.org/wiki/Stimmungssystem (Lexikon)
http://members.aol.com/ReinerJank/tempe-te.htm (leicht verständlich)
http://www.mv-sulzbach.de/glossar/desstimmung.htm (leicht verständlich)
http://www.minic.ac.at/ammu/16/16_1.html (Mathematik der Gleichschwebenden Stimmung)
http://www.groenewald-berlin.de/Inhaltsverzeichnis.htm (sehr ausführlich, viele Tabellen mit Erklärungen)
Forum Kirchenmusik, Heft III, Juni 2001, Strube Verlag, München
http://www.forum-kirchenmusik.de/
Zoltán Faragó
Stimmungen von Tasteninstrumenten
Definitionen: Werkmeister und Schisma sind alte Einheiten der Tonhöhenabweichung. Die neue Einheit ist Cent, ein Hundertstel eines Halbtons in gleichschwebender Stimmung.
· 1 WM (Werkmeister) = (pythagoreisches Komma)1/12 » 1,001129891... » 1 Schisma;
· 1 Schisma = (pythagoreisches Komma) / (didymisches Komma) » 1,00112915...;
· 1 Cent = Halbtonintervall 1/100 = 21/1200 » 1,00057779...;
· Abweichung in WM » [( Intervall Istwert)/(Intervall Sollwert) – 1] / (WM – 1);
· Abweichung in Cent » [( Intervall Istwert)/(Intervall Sollwert) – 1] / (Cent – 1);
· Intervall zwischen Ton2 und Ton1 = (Tonfrequenz2 ) / ( Tonfrequenz1 );
· Frequenz HERTZ = Schwingungen / Sekunde;
· Abweichung in WM » 1,9555*(Abweichung in Cent);
· pythagoreisches Komma = (3/2)12 / 27 = 312 / 219 » 1,013643265
- die Differenz zwischen 12 reinen Quinten und 7 Oktaven;
· didymisches oder syntonisches Komma = 81 / 80 = 1,0125
- die Differenz zwischen zwei großen Ganztönen und der reinen Terz;
· Halbtonintervall in gleichschwebender Stimmung = 21/12 » 1,0594631...
Einleitung
Von der Firma Schubiger, einem Schweizer Hersteller von Stimmgeräten, sind Tabellen 94 historischer Stimmungen für Tasteninstrumente unter dem Titel „Alle Stimmungen“ im Internet veröffentlicht (www.schubiger-electronic.ch/deutsch/sg2a1.htm, kurz: Stimmungstabelle). Mit Hilfe dieser Stimmungstabellen können viele elektronische Tasteninstrumente problemlos auf verschiedene historische Stimmungen umgerüstet werden. Diese Arbeit versucht die Frage zu beantworten, welche dieser Stimmungen sich für welche Werke besonders eignen. Hierzu wurden alle Stimmungstabellen analysiert. Das Ergebnis dieser Analyse für fünf Stimmungen, einer pythagoreischen, einer natürlichen, einer mitteltönigen und zweier wohltemperierten, wird in dieser Arbeit ausführlich behandelt. Entsprechende Hinweise werden zu allen 94 Stimmungen im Inhaltsverzeichnis der Stimmungstabellen fett und kursiv hinzugefügt.
Für die Charakterisierung eines Dreiklanges werden in dieser Arbeit die Attribute rein, schön, weniger schön und unspielbar angewandt. Ein Dreiklang wird als rein bezeichnet, wenn seine Terz und Quint mit der natürlichen Terz und natürlichen Quint übereinstimmen. Ist die Summe des Absolutwertes der Abweichung der Terz und der Quint von der natürlichen Terz bzw. Quint kleiner als die der gleichschwebenden Stimmung, so wird der untersuchte Dreiklang als schön bezeichnet. Ist sie größer, so ist der entsprechende Dreiklang weniger schön. Ist eine der Abweichungen größer als das pythagoreische Komma, so gilt der Dreiklang als unspielbar.
Die Entwicklungsgeschichte der Stimmungen von der pythagoreischen hin über die natürlichen, die mitteltönigen, die wohltemperierten bis zur gleichschwebenden Stimmung zeigt eine quantitative Entwicklung auf: Immer mehr Tonarten werden mit einer Stimmung spielbar, dafür klingen diese immer weniger schön. Bei der pythagoreischen Stimmung sind die Quinten rein, die Terzen unrein. Die natürliche ist die schönste Stimmung für eine begrenzte Anzahl von Dreiklängen: Hier sind drei Dur- und drei Moll-Dreiklänge rein, die anderen sind weniger schön. Erhöht man die Anzahl der reinen Dreiklänge, so werden viele der anderen unspielbar. Bei der mitteltönigen Stimmung sind sechs bis acht Dur- und vier bis sechs Moll-Dreiklänge schöner als die der gleichschwebenden Stimmung, die anderen sind nicht nur unschön, sondern sind teilweise überhaupt nicht mehr spielbar. Bei der wohltemperierten Stimmung sind zwar alle Tonarten spielbar, aber nur höchstens sieben sind schöner als die der gleichschwebenden. Sind bei der wohltemperierten Stimmung nur wenige Tonarten schön, dann sind sie besonders wohlklingend. Je mehr Tonarten schön klingen, umso weniger glänzt ihre Schönheit. Bei der gleichschwebenden Stimmung sind alle zwölf Tonarten einander völlig gleich.
Hochwertige elektronische Tasteninstrumente bieten oft die Option der Einzeltonstimmung („Feinstimmung“, „Tuning“, „scale shift“ oder „fine tuning“). Oft kann man verschiedene, mitunter beliebig viele Stimmungen abspeichern. Bei einer solchen Option sollte man für jede Komposition die Stimmung wählen, in der nur die Tonarten schön klingen, welche die zu spielende Komposition aufweist. Diese Tonarten sind dann nämlich wesentlich schöner als bei einer Stimmung, die viele Tonarten ermöglicht. Bei einem elektronischen Instrument, das viele Stimmungen enthält, ist die Anwendung der gleichschwebenden Stimmung für ein bestimmtes Stück nur dann berechtigt, wenn in dem entsprechenden Stück alle Tonarten gleich wichtig sind (z.B. Zwölftonmusik oder Modulation über den ganzen Quintenzirkel).